Chinesische Medizin

Wir beginnen unseren Tag mit einem recht leckeren Frühstück. Drei Einheiten stehen heute auf dem Programm, nicht einfach. Alle sind etwas vorsichtig angesichts der kleinen Wehwehchen. Ich gebe Simon meine Schuhe, seine sind völlig durch. Mittags sollen neue Schuhe geliefert werden.

Die erste Einheit beginnt, mit unregelmäßigen Übungen. Ich werde auf einmal von vier Damen abgeholt, eine Freundin von Suwen, deren 14-jähriger Tochter, die in London zur Schule geht und ihre Sommerferien zu Hause verbringt sowie deren zwei Freundinnen. Ich bekomme die Innenstadt gezeigt und wir besuchen eine Art Heimatmuseum.

Zhongzhan hat viele Parallelen zu Hamburg. Zhongzhan ist eine Hafenstadt und war in früheren Jahrhunderten Anlaufstation für die Internationale Schifffahrt, also auch eine Art „Tor zur Welt“. Insofern war Zhongzhan lange Versorgungsstadt fürs Hinterland und hat viele kolonialistische / europäische Einflüsse.

Wir laufen weiter durch die Einkaufsstraße, Geschäft an Geschäft, Mode, Schuhe, Papierwaren, Musik, mittelpreisig für den chinesischen Touristen. Europäer sieht man nicht, aber man fallt auch nicht besonders auf. Ab und zu kommt mir eine Gruppe Jugendlicher im Stil von Tokio Hotel entgegen, auch die chinesische Jugend ist trendy.

Ich stoße zum Mittagessen zur Gruppe. Danach gehen wir ins Hotel und entscheiden uns spontan für eine Massage im Hotel. 45 Min für 10 €, da kann man nichts sagen. Thorben erzählt von seinen Schulterproblemen, da wird gleich ein „very famous“ Arzt geholt, der Thorben zu einer speziellen Schulterbehandlung rät, für 5 € chinesische Medizin. Thorben willigt ein, weiß nicht, worauf er sich bei der „Hot Tube“-Behandlung einlässt. Ein einseitig oFfenes Glas wird durch eine offene Flamme in Unterdruck versetzt und auf die schmerzenden Stellen gedruckt, wo sie durch den Unterdruck kleben bleiben. Über zehn dieser Gläser hängen bis zu 10 min an Thorbens Schulter. Es schmerzt heftig. Jeder dieser Gläser hinterlässt ein riesigen Bluterguss mit 5 cm Durchmesser, Farbe zwischen blau und lila. Sieht aus, als ob wir Thorben für jeden Fehler blau geschlagen hätten.

Nachmittags ist Ballkistentraining, alle halten durch. Thorben fühlt keinen Schmerz, trotz der optischen Verwerfungen. Es ist anstrengend, aber die Spieler sind begeistert. Ich spiele auch mal eine halbe Einheit mit, gegen den Jüngsten der chinesischen Kinder, einen Zehnjährigen vielleicht – genau mein Niveau.

Nach einem kurzen Abendessen auf dem Gelände kommt die dritte Einheit. Jeder bekommt zwei Donic-TT-Hemden fürs Turnier am Wochenende, in China-Rot, danach großer Fototermin in Donic-Klamotten. In der Pause bringen wir die bislang geordnete Disziplin der Chinesen etwas durcheinander. Simon schießt vor den Augen der chinesischen Kinder Janni von hinten ab. Als der sich umdreht, zeigt Simon mit Unschuldsmine auf einen völlig überraschten chinesischen Jungen – alle lachen herzhaft. Dann bindet Marcel sein Stirnband Thorben um den Kopf wie ein Frauenkopftuch – da ist das Eis endgültig gebrochen.

Zur dritten Einheit kommen einige Hongkong-Spieler dazu. Erfreulich – alle halten gut durch. Am Abend sind alle recht fertig. Suwen macht einen Besuch bei ihrer Schwester, die hier geboren ist. Wir machen noch etwas Entertainment bei Janni und Marci im Zimmer, beide haben das größte Zimmer. Tobi gibt ne Runde kühles chinesisches Bier aus, ich ein Kilo trockene Kekse – alles geht weg. Die Wehwehchen scheinen Weg zu sein, Thorben schwört ab jetzt auf chinesische Medizin, Marcis Knie macht keine Probleme, Simon hat ein Paar Schuhe bekommen und seine Blasen heilen ab und auch Tobis Rücken macht wieder mit.

Wie der morgige Tag ablaufen soll, ist völlig unklar. Wir wollen einen kleinen Ausflug machen, keiner weiß wohin, auch nicht Suwen.

Und morgen erfahrt ihr, wen die Schlange gebissen hat.

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