Wir wachen nach einer ruhigen Nacht im Mandarin Inn auf. Draußen ist Nebel, diesmal kein Smog, der Nebel weicht innerhalb einer Stunde der Sonne.
Der Fahrstuhl in der 9. Etage ist außer Betrieb. Es gibt weder Tee noch Kaffee zum Frühstück, nur Milch und so etwas wie Orangensaft. Haben wir unsere Gastgeber gestern zu sehr enttäuscht? André und Flori essen nichts, erst nach intensivem Zureden etwas. Wir checken aus. Der Hotelmanager besteht auf ein Foto mit unserem Team, ich übergebe einen weiteren Wimpel und ernte freundliches Lachen.
In drei Familienvans geht es zurück nach Guiyang. Alles Luxusschlitten, Leder, Navi, Bildschirme in den Kopfstützen. Ich sitze im ersten Wagen, wir fühlen uns recht sicher, trotz der hohen Geschwindigkeit, vor uns fährt wieder die Eskorte bis zur Stadtgrenze. Den anderen ist eher mulmig zu Mute, die Fahrer fahren wie die Henker und alle schnallen sich freiwillig an. (In China ist es trotz des Verkehrs total unüblich sich anzuschnallen – wir passen uns schnell an.) Die Autofahrt ist wild, unser Fahrer hupt sich den Weg frei, irgendwie merken die anderen, dass es besser ist uns vorbeizulassen.
Wir halten mittags in Guiyang, vor einer Schranke. Der herbeigehupte Wärter in Uniform öffnet uns bereitwillig. Es geht einen Berg hoch, wir halten vor einer großen Halle. Zwei Drittel der Fläche sind Badmintonfelder, auf dem verbleibenden Teil stehen vier nagelneue Tische in Boxen. Vor dem Haupteingang eine Luftschlange. Suwen übersetzt, „Eröffnung des Sportcenters mit TT-Wettkampf China-Deutschland“.
Wir gehen in ein Restaurant in der Nähe, zum ersten Mal gibt es nur Tellergerichte für jeden einzelnen. Zwei Sorten Fleisch, Gemüse, Reis. Es schmeckt allen gut. Flori und André essen die volle Portion.
Zurück zur Halle. Die Anzahl der Zuschauer ist nicht allzu hoch, jeder bekommt einen 8-seitigen Prospekt mit der Ankündigung der Veranstaltung. Alle Spieler und unsere Gegner werden namentlich erwähnt. Der Parteivize und einige Offizielle sind Ehrengäste, es wird wieder formal eröffnet, Suwen übersetzt. Jeder Spieler wird vorgestellt, Vortreten und Verbeugung, wir kennen das jetzt schon. Natürlich noch ein großer Fototermin mit Aktiven und Offiziellen. Und die internationalen Schiedsrichter von gestern sind wieder dabei. Florin möchte beim Wettkampf noch aussetzen, wir spielen wieder in drei 3er-Mannschaften, Swaithling-Cup mit Durchspielen auf zwei Gewinnsätze.
Ich spiele daneben auch zwei Spiele. Meine Erfolge sind überschaubar. Man hat mir freundlicher Weise einen älteren Gegner gegeben, einen Penholderspieler. Ich gewinne den ersten Satz, Hoffnung keimt auf. Mein Gegner setzt jetzt auch die Noppe auf der Rückhand ein, meine Chancen fliegen davon, 1:3. Gegen meinen zweiten Gegner habe ich keine echte Chance.
Die Gegner sind nicht ganz so stark wie gestern. Wir gewinnen einzelne Spiele. Beim ersten gewonnenen Spiel halte ich mein großes Adidas-Handtuch hoch, in den deutschen Nationalfarben, sofort werden Fotos davon gemacht. Im letzten Spiel von Tobi gibt es einen Einscheidungssatz. Es steht 10:10. Tobi geht zum Handtuch. Der internationale Schiri springt auf – gelbe Karte wegen unzulässiger Handtuchpause. Tobi behält die Nerven und gewinnt! Es ist halt ein internationaler Schiedsrichter, er hält sich nur an die Regeln.
Unser Team1 spielt immerhin 3:6! Tobi holt zwei Punkte, Lutz einen, Stefan schimpft über die zu starken Gegner. Team2 gewinnt kein Spiel, Team3 mit Jenni, André und Michel gewinnen je ein Spiel zum 3:6.
Es geht weiter zur After-Show-Party im Howard Johnson Hotel. Festliches Abendessen, es gibt Spezialitäten der Provinz. Wieder viele neue Speisen, langsam erkennen wir bekannte Speisen wieder. Mindestens sieben fleißige Geister bedienen unsere vier runden Tische. Ich entscheide mich spontan für ein giftgrünes Getränk zum Essen. Es ist Gurkenwasser. Schmeckt gut, ist durstlöschend, die richtige Wahl.
Ich werde neben dem Gastgeber platziert, den Parteivizechef, links von mir der Verbandschef, der schon gestern mit dabei war. Immer ein Deutscher und ein Chinese im Wechsel am Tisch Nr. 1. Thomas, Tobias und Mathias Harth sind auch mit am Tisch, ebenso Mr. Chen. Ich lerne, Sitzordnung in China ist sehr formal und korrekt. Der Parteivize hält eine Rede und gibt uns allen ein Gastgeschenk. Das offizielle Bild von heute Nachmittag bei dem wir alle aufgereiht sitzen oder stehen, hängt als Bild auch schon da, das beeindruckt uns mächtig. Auch wenn es nicht erwartet wird, stehe ich auf und bedanke mich und lobe die chinesische Gastfreundschaft – Suwen übersetzt wieder, wir bekommen Beifall.
Bei Tisch wird wieder Maotai-Schnaps getrunken, das ist der führende Schnaps der Region, ein Reisschnaps. Der Gastgeber lässt sich natürlich nicht nehmen, mit jeweils allen Tischen anzustoßen. Beim vierten Schnaps (aus den fingerhutgroßen Bechern) sagt Mr. Chen Maotai-Schluss an für unsere Jugendlichen, alles bleibt in geordneten Bahnen. Und auch Thomas chinesischer Nachbar versucht sich diesmal nicht im Kampftrinken zu beweisen. Ein Problem besteht: Die Chinesen können kein Englisch und schon gar kein Deutsch. Das vereinfacht die Tischkommunikation, was den Chinesen nichts auszumachen scheint. Man spricht untereinander mit lauter Stimme quer über den Tisch; wir folgen dem Beispiel zögerlich unter uns, wenn nicht mal gerade angestoßen wird.
Das Essen endet nicht ohne großen Fototermin. Viele Teilnehmer wollen noch einmal mit dem Team abgebildet werden. Nach dem dritten Personenwechsel fühlen wir uns wie ein lebender dekorativer Bildhintergrund.
Wir fahren in unser Zentralhotel in Guiyang zurück, der vierte Check-in dieser Reise. Wir fragen uns, womit wir diese aufwendigen Einladungen verdient haben und nehmen uns vor, uns als Gäste der vielen Einladungen durch Freundlichkeit und Demut würdig zu erweisen. So etwas kann man mit Geld nicht bezahlen. Ob die Jugendlichen das alles so realisieren und einordnen können? Später erfahren wir, dass das Essen heute für 40 Personen rund 500 € gekostet hat.
Mit der Wäsche gibt es etwas Probleme. Die erste Wäsche kam feucht zurück, und trocken bekommt man sie kaum. Wir geben abends wieder Wäsche ab, diesmal soll sie trockengebügelt werden.
Und morgen erfahrt ihr dann von unserem Start zu einem 3-Tage-Trip und unserem nächsten Spiel vor großem Publikum.