Heißes Wasser in Jianhe

Dritter Tag unserer Kurzreise. Es ist bewölkt. Wir hoffen auf einen Tag mit Erholungswert. André und Florin bleiben ohnehin bis 11.00 Uhr im Bett, Mahamm entscheidet sich spontan fürs liegen bleiben – er ist zu fertig. Wir hören, dass es Maharth mit Durchfall erwischt hat, er bleibt auch liegen.

Wir trainieren wieder in der Betontreppenhalle, unser Sicherheitsoffizier hat es wohl erlaubt. Wir gehen sehr vorsichtig die Treppe runter und kommen unten verletzungsfrei an.

Die Halle ist geschmückt, an der Wand hängt ein überdimensionales Tischtennis-Plakat, der ideale Fotohintergrund. Fünf Tische sind für den Wettkampfbetrieb mit Zähltischen vorbereitet. Es ist Werktag morgens, und die Halle ist schon recht voll. Wir machen Wettkämpfe. Es scheint kein Verein zu sein, eher so eine Art Stadtteiltreff. Die Wettkämpfe sind nicht offiziell, nur spontan angesetzt. Die Chinesen wollen gern gegen uns spielen und umgekehrt. Die Chinesen nehmen die Wettkämpfe sehr ernst, Schiedsrichter und zweiter Zählschiedsrichter am Tisch, jeder Punkt wird durch Handheben angezeigt. Wir konzentrieren uns auf unser Aufschlag-/Rückschlagspiel. Tobias bricht nach 10 min sein Training ab, es läuft nicht gut. Ein Chinese ist nach seinem Spiel gegen Lutz so begeistert, dass er gleich e-mail-Kontakt halten will. Zwischendurch gibt es Wasser in Flaschen mit Menthol-Geschmack.

Michel verliert in der Halle die Zugangskarte vom Hotel, ich löse ihn mit 5 € aus.

Mittags im Hotel: Thomas spendiert Florin seine Handgelenksschiene, für Florins rechte Hand nur bedingt geeignet. Mathias Harth wirft sich unterdes die vierte Imodium ein. Wir können ein Lazarett aufmachen. Dafür fühlt sich André nach zwei Kohletabletten wieder gut. Er meint, er isst hier viel, aber seine Hose rutscht. Jenni, Stefan und Michel sind fit, allenfalls etwas müde.

Wir besteigen den Bus, es geht nach Jianhe. Dort gibt es eine heiße Wasserquelle und ein Bad. Der Fahrer fährt wie ein Henker, ein Sicherheits-PKW wieder voraus. Auf den engen und kurvenreichen Gebirgsstraßen überholt er ständig langsame einheimische Fahrzeuge. Er überholt einen Bus, der gleichzeitig entgegenkommende Mopedfahrer hält sich hart rechts, scheint aber nicht wirklich überrascht von dem gewagten Überholmanöver zu sein. Unser Fahrer brettert auch durch Ortschaften, laufende Kinder bekommen eine faire Chance durch sein Hupen, sitzen sie dagegen auf einem Fleck auf der Straße, erscheit dem Fahrer selbst ein Hupen unnötig. Auf wundersame Weise passiert kein Unglück.

Wir kommen an Jianhe an. Unsere Erwartung an ein idyllisches Kleinod in einer malerischen Gebirgslandschaft wird enttäuscht. Wir finden ein eher altes großes gekacheltes rundes Schwimmbad vor, umsäumt von kleinen Kassen- und Umkleidehäuschen und einigen Stuhlgruppen. Wenige Menschen sind im Pool.

Wir ziehen uns um und steigen ins Wasser. Wohlig temperiertes Wasser laßt unsere Anspannung schwinden. Einige Wassereinlässe geben so heißes Wasser ab, dass man es kaum aushalten kann. André schwärmt unter dem heißen Nass so lustvoll, dass es fast schon unanständig ist. Aber nach dem Stress ist es für uns genau das Richtige. Wir bleiben rund 90min im Wasser, bekommen zwischendurch Obst von den Verwandten von Suwen, die an diesem Tag auch dabei sind. Unsere offiziellen Begleiter beobachten uns von einer Sitzgruppe aus, nur ein Schiedsrichter badet mit, der sich angeregt mit Thomas unterhält.

Wir haben immer stärker das Gefühl, dass wir Teil eines strikten Organisations- und Terminplans der Chinesen sind, den zu überwachen Pflicht des Verbandsvorsitzenden ist. In China ist jedes Hotel verpflichtet, Ausländer binnen 24 Stunden bei der Polizei zu registrieren. Jede Änderung im Ablaufplan scheint abstimmungsbedürftig zu sein. Unser Beitrag für die Reise sind viele Wettkämpfe, die politisch wohl gewünscht sind – Brot und Spiele.

Ich habe seit einem Tag keine Mailverbindung mehr und wähne dahinter Methode. Habe ich zuviel in meinen Mails geschrieben? Ich vertraue darauf, dass das Interesse an einem guten Verlauf unserer Reise bei unseren Gastgebern überwiegt. Letztlich überwiegen natürlich auch unsere sehr positiven Eindrücke in China.

Wir essen in eine Art Landgasthaus, das einem TT-Spieler gehört – er scheint unsere Begleiter gut zu kennen. Nichts dolles, aber wir werden satt. Die Busfahrt nach Guiyang wird lang, wir haben uns heute mit jeder Station weiter entfernt und reisen rund drei Stunden zurück. Flori nimmt seinen Stammplatz in der chill-out-lounge im Bus ein, die Lümmelbank ganz hinten. Maharth geht es langsam besser.

Zurück in Guiyang. Der beabsichtigte Zimmerwechsel von Flori und André scheitert, eine weitere Nacht im Zimmer mit miesem Kloabfluss. Die Chinesen sind wohl geneigt, sich mit solchen Dingen zu arrangieren.

Der Gedanke, dass wir morgen schon wieder auschecken, einen großen Wettbewerb haben (angeblich sehr große Sporthalle) und eine Nacht auswärts in einem anderen Hotel sind, nervt uns gewaltig, aber es ist alternativlos. Wir entschädigen uns mit Chips und Bier vom Supermarkt. Die Stimmung ist ansonsten gut, nur wissen wir gar nicht, wer morgen spielfähig ist, Tobi klagt noch und andere verlangen auch schon nach Kohletabletten.

Morgen erfahrt ihr dann von einem neuen Zuschauerrekord und was es mit der Schnitzeljagt in Zunyi auf sich hat.

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