tarnen, tricksen, täuschen

Wir frühstücken im Bett. Da alle ohnehin nur im Buffet rumpicken, gibt es heute eine Tüte mit Backwaren, Milch und einer Flasche Saft.

Wir fahren zur 6-Tisch-Halle. Mr. Wu leitet das Training, unser Sicherheitsoffizier ist nicht dabei. Wir machen einfache Übungen, trainieren diszipliniert. Florin ist heiß auf Linksspielen, macht viel Balleimertraining mit mir. Tobi spielt mit, wenn auch jede schnelle Bewegung schmerzt. Unser Krankenstand geht Richtung Null, einige spielen aber noch mit halber Kraft.

Suwen hat ein Bündel T-Shirts dabei, nett bedruckt mit chinesischen TT-Motiven. Sie sagt, wir bekommen jeder ein T-Shirt, wenn wir am Nachmittag ein Spiel machen. Wir sind noch arglos.

Mr. Wu erklärt viele Aufschläge. Michel soll an der Ballkiste seine Vorhand-Topspin-Technik verbessern. Auf einmal stehen vier Trainer um ihn herum, alle nesteln an Michels Vorhand herum, gestikulieren oder gehen Tipps in deutsch oder chinesisch. Mit langem Arm ausholen, Handgelenkeinsatz, Körperdrehung usw. Der arme Kerl, ich hoffe, er ist nicht zu sehr verwirrt.

Es gibt Mittagessen, wieder Schinkenreis, diesmal ist ein Kotelett mit dabei. Die Chinesen essen eher fleischarm, Fleisch ist meist nur Kleinbeilage oder wenn, dann mir 2/3 Fettrand, für uns ungewohnt.

Während der Mittagspause trudeln einige Chinesen ein. Verdächtig – alle haben dasselbe Trikot an. Uns schwant etwas. Mir fällt ein Spruchband an der Wand auf, der örtliche Energieversorger grüßt die Hamburger TT-Gemeinschaft. Wir beginnen die Nachmittagseinheit etwas später, starten mit Aufschlägen. Immer mehr Chinesen kommen, auch ein Kameramann. Und unser Sicherheitsoffizier taucht auf.

Jetzt wird es klar, hier findet ein Vergleichswettkampf statt, der als Trainingsspiel getarnt ist – die drei großen T’s werden in China meisterhaft beherrscht – tarnen, tricksen, täuschen!

Wir können nicht mehr eingreifen, müssen Spiele spielen. Wenige Zuschauer erscheinen. Es gibt keine formelle Eröffnung, keine formellen Schiedsrichter. Die Spiele werden angesetzt, jeder macht 1-4 Spiele, wir gewinnen und verlieren, bunt gemischt. Ich übe mich derweil als Balleimer-Einwerfer, es klappt schon besser. Die Stimmung im Team ist etwas gereizt, wir fühlen uns nicht gut informiert, hätten lieber geordnetes Training gehabt.

Am Ende heißt es plötzlich nach dem Fototermin, wir fahren gleich direkt zum offiziellen Abendessen mit unseren Gegnern in ein feines Hotel. Wir fühlen uns überrannt. Die meisten von uns haben keine frischen Wechselsachen dabei für das Abendessen. Für eine Hotelrückfahrt ist keine Zeit. Die Stimmung kippt. Auch wenn ich persönlich ausreichend Klamotten dabei habe, es ist uns einfach unangenehm, so zum offiziellen Abendessen zu erscheinen. Es werden hektisch einige Nothandtücher zum Duschen gekauft. Wir können und wollen unseren Unmut über die Informationspolitik unserer Gastgeber nicht verbergen. Ich setze mein unzufriedenes Gesicht auf, werde schweigsam und hoffe, dass unser Sicherheitsoffizier dies bemerkt. Ich nehme an, dass er dafür verantwortlich ist, auch wenn Mr. Chen mir sagt, er hätte vergessen, es uns zu sagen.

Wir werden in ein feines Hotel gefahren. Ich werde neben einen Manager des örtlichen Energieversorgers platziert, er ist der Vertreter des Sponsors für unser Essen. Unsere Gegner waren wohl Betriebsangehörige. Es ist hier scheinbar so, dass verschiedene Unternehmen uns buchen können, dafür zahlen sie dann das Essen.

Das Essen ist halb-offiziell und schmeckt fein, auch der Fisch ist grätenfrei. Es gibt keine offizielle Ansprache, zum Anstoßen gibt es Pflaumenwein. Am Ende bekommen wir ein Geschenk, unklar ob vom Hotel oder letztlich doch verdeckt vom Sponsor. Einfacher Fototermin, dann Rückreise zum Hotel.

Das Trainingsinteresse ist ungebrochen hoch, alle außer Thomas gehen gleich in unsere 3-Tisch-Halle. Unsere Jugendlichen machen Wettkämpfe, jeder gegen jeden. Florin (mit links) bekommt 5 Punkte Vorgabe. Jenni haut alle weg, sehr schön. Sie zeigt, dass sie auf Wettkampf umschalten kann. Und Florin freut sich über zwei gewonnene Spiele.

Morgen machen wir einen Ausflug nach Huanguishu, dort sind berühmte Wasserfälle, auch für Chinesen eine Sehenswürdigkeit. Und natürlich begegnen wir wieder einer wichtigen Person.

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